Wenn Sie ein Testament errichten – unabhängig davon, ob es sich um ein Berliner Testament handelt oder nicht – so überlagert Ihr Testament grundsätzlich die gesetzliche Erbfolge. Es gibt jedoch eine entscheidende Ausnahme: den Pflichtteil. Pflichtteilsberechtigte, etwa Ihre Kinder oder der Ehegatte, können nicht ohne Weiteres übergangen werden. Selbst wenn Sie den Pflichtteil im Testament ausschließen, können diese Personen ihren Anspruch geltend machen – und das häufig mit Erfolg, sofern keine wirksame Vorsorge getroffen wurde.
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Sie können Erben ausschließen – der Pflichtteil bleibt jedoch bestehen
Als Erblasser haben Sie das Recht, per Testament oder Erbvertrag selbst zu bestimmen, wer Ihr Vermögen erbt. Sie können auch gesetzliche Erben ausschließen – vollständig oder teilweise. Allerdings garantiert das Gesetz bestimmten Personengruppen, wie Ehegatten, Kindern und Enkeln, den Anspruch auf den Pflichtteil.
Die meisten Menschen empfinden es als ungerecht, wenn enge Angehörige – insbesondere Kinder oder der Ehegatte – vollständig enterbt werden. Deshalb sieht das Gesetz den Pflichtteil als Mindestbeteiligung am Erbe vor. Gibt es keine Kinder oder Enkel, haben auch die Eltern des Verstorbenen Anspruch auf den Pflichtteil.
Tipp: Es ist empfehlenswert, die Bestimmungen Ihres Berliner Testaments mit Ihren Kindern oder Pflichtteilsberechtigten im Vorfeld zu besprechen. Der Pflichtteil ist ein gesetzlich garantierter Anspruch und kann bei Bedarf sogar eingeklagt werden.
Beispiel:
Ein Ehepaar verfasst ein Berliner Testament. Nach dem Tod der Ehefrau bleiben ihr Ehemann und der gemeinsame Sohn zurück. Der Nachlass besteht aus einer Immobilie im Wert von 200.000 Euro. Der Sohn hätte laut gesetzlicher Erbfolge Anspruch auf 25 % (= 50.000 Euro). Verlangt der Sohn nun seinen Pflichtteil, müsste der Ehemann diesen Betrag auszahlen – notfalls durch eine Beleihung oder Veräußerung des Hauses.
Um eine wirtschaftliche Notlage zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, eine Stundung des Pflichtteils zu beantragen.
Was bedeutet „Stundung des Pflichtteils“?
Die Stundung bedeutet, dass die Auszahlung des Pflichtteils – z. B. 50.000 Euro – nicht sofort erfolgen muss. Der Zeitpunkt der Auszahlung kann auf Antrag vom Gericht verschoben werden, insbesondere wenn die sofortige Zahlung eine unzumutbare Härte darstellt. Der Gesetzgeber nennt hier ausdrücklich das Beispiel des Familienheims.
Auch wenn eine Stundung möglich ist: Kaum jemand möchte sich mit seinen eigenen Kindern vor Gericht wiedersehen. Deshalb ist ein offenes Gespräch zu Lebzeiten der bessere Weg.
Berliner Testament und Pflichtteilsklausel
Um mögliche Konflikte zu vermeiden, können Sie mit Ihren Kindern einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Diese Erklärung muss schriftlich erfolgen – im Idealfall mit notarieller Beurkundung. Zusätzlich können Sie im Testament eine Strafklausel aufnehmen.
Diese Klausel besagt, dass ein Kind, das beim Tod des ersten Elternteils den Pflichtteil einfordert, beim Tod des zweiten Elternteils ebenfalls nur noch den Pflichtteil – statt eines regulären Erbteils – erhält.
Vorschläge für Pflichtteil-Klauseln im Berliner Testament:
- „Wenn eines unserer Kinder ohne Zustimmung des überlebenden Ehepartners den Pflichtteil einfordert, werden sämtliche zu seinen Gunsten erlassenen Erbklauseln unwirksam. Es erhält in diesem Fall ausschließlich den Pflichtteil.“
- „Unsere Kinder, die beim Tod des ersten Ehepartners keinen Pflichtteil geltend machen, erhalten zusätzlich ein Vermächtnis in Höhe von 10.000 Euro. Dieses wird erst nach dem Tod beider Elternteile ausgezahlt.“
Der zuletzt lebende Ehepartner kann die Schlusserben nach eigenem Ermessen bestimmen – es sei denn, es wurde ausdrücklich anders geregelt.
Tipp: Um zu verhindern, dass bei Wiederverheiratung der neue Partner erbt, sollten Sie eine Wiederverheiratungsklausel in Ihr Testament aufnehmen.
Welche Probleme können bei unklaren Formulierungen entstehen?
Das Berliner Testament ist grundsätzlich eine sichere Lösung zur gegenseitigen Absicherung von Ehegatten. Doch wenn der Pflichtteil nicht eindeutig geregelt wurde – z. B. durch Pflichtteilsverzicht oder entsprechende Klauseln – kann die gesetzliche Erbfolge teilweise trotzdem greifen. Das gilt selbst dann, wenn sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen.
Bei größerem Vermögen ist eine Pflichtteilsauszahlung in der Regel problemlos möglich – auch ohne Enterbung. Anders sieht es bei kleinerem Nachlass aus, zum Beispiel bei einer gemeinsamen Immobilie. In diesem Fall kann eine Pflichtteilsauszahlung den überlebenden Ehepartner finanziell belasten.
Daher sollten Sie Folgendes beachten:
- Der sicherste Weg ist die schriftliche Erbverzichtserklärung der Kinder – möglichst notariell beurkundet.
- Alternativ kann eine Pflichtteilsklausel ins Testament aufgenommen werden. Diese ist jedoch nicht absolut sicher, da die Kinder dennoch klagen können.
Unser Tipp: Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Fachanwalt für Erbrecht oder einem Notar beraten. Nur so kann sichergestellt werden, dass Ihre Formulierungen auch rechtlich Bestand haben.
Berliner Testament, Pflichtteil und Geldvermächtnis
Als Trostpflaster können Sie im Berliner Testament Modell ein Geldvermächtnis festlegen. So können Kinder – auch bei Wiederverheiratung des hinterbliebenen Elternteils – dennoch einen Anteil am Nachlass erhalten. Das Vermächtnis kann eine konkrete Geldsumme oder ein Sachwert sein.
>> Weitere Informationen zum Berliner Testament und Pflichtteil
Die Gestaltung eines Testaments mit Pflichtteilsklauseln ist anspruchsvoll. Schon kleine Fehler können zu gravierenden rechtlichen Problemen führen. Wenden Sie sich daher unbedingt an einen Experten.
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