Das Nachlassgericht, Augaben, Erbauschlag und Erbfolge

Das Nachlassgericht ist gemäß §§ 2353 ff. BGB die zuständige Stelle für die Eröffnung von Testamenten und Erbverträgen sowie für die Ausstellung von Erbscheinen. Maßgeblich für die örtliche Zuständigkeit ist der letzte Wohnsitz der verstorbenen Person.

Seit dem 1. September 2009 gibt es bei der Ausschlagung eines Erbes eine zusätzliche Zuständigkeit: Auch der Wohnsitz der ausschlagenden Person zählt. Eine Besonderheit gilt in Baden-Württemberg: Dort sind gemäß § 38 des Landesgesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit die staatlichen Notare als Nachlassgericht zuständig.

Aufgaben des Nachlassgerichts

Das Nachlassgericht ist eine Abteilung des zuständigen Amtsgerichts. Es übernimmt vielfältige Aufgaben im Zusammenhang mit dem Erbrecht – jedoch keine Rechtsberatung und keine Hilfe bei der Testamentserstellung oder Nachlassverteilung. Dafür sind Notare oder Rechtsanwälte zuständig.

Zu den wichtigsten Aufgaben des Nachlassgerichts zählen:

  • Entgegennahme, Aufbewahrung und Herausgabe von Testamenten
  • Testamentseröffnungen
  • Ausstellung von Erbscheinen
  • Beurkundung von Erbausschlagungen und Erbscheinanträgen
  • Ausstellung von Testamentsvollstreckungszeugnissen
  • Nachlasssicherung bei unklarer oder ungeklärter Erbfolge

Ein Testament sollte rechtzeitig erstellt werden, um sicherzustellen, dass das Vermögen nach dem Willen des Erblassers verteilt wird. Dabei sind bestimmte Formvorschriften zu beachten – andernfalls droht die Unwirksamkeit.

Ein Testament kann entweder handschriftlich oder durch einen Notar beurkundet erstellt werden. Letzteres wird automatisch beim Nachlassgericht hinterlegt. Auch ein handgeschriebenes Testament kann dort freiwillig zur sicheren Aufbewahrung abgegeben werden.

Nachlassgericht in Villingen
Das Nachlassgericht ist Teil des Amtsgerichts Villingen

Amtsgericht Villingen von Robert Cutts unter der Creative Commons Lizenz

Erbschein: Die Erbfolge offiziell nachweisen

Wer ein Erbe beanspruchen möchte, benötigt in vielen Fällen einen Erbschein. Dieser bestätigt die rechtliche Stellung als Erbe – er regelt jedoch nicht die konkrete Verteilung des Nachlasses. Diese Aufgabe fällt den Erben (bzw. der Erbengemeinschaft) selbst zu.

Ein Erbschein wird insbesondere dann benötigt, wenn:

  • Grundeigentum oder Immobilien vererbt wurden
  • kein notarielles Testament vorliegt
  • die Erbfolge nicht eindeutig ist
  • die Erbfolge gegenüber Banken oder Versicherungen belegt werden muss

Alternativ kann die eröffnete letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) mit dem Eröffnungsprotokoll als Nachweis verwendet werden – vorausgesetzt, die Erbfolge geht daraus zweifelsfrei hervor.

Ausschlagung des Erbes

Niemand ist verpflichtet, ein Erbe anzunehmen. Wer ein Erbe ausschlagen möchte, muss dies beim Nachlassgericht oder einem Notar formell erklären. Eine einfache schriftliche Erklärung reicht nicht aus.

Die Frist zur Ausschlagung beträgt sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, an dem die betreffende Person Kenntnis vom Erbfall erlangt hat (meist ab Zustellung der Benachrichtigung durch das Nachlassgericht). Befindet sich der Erbe oder der Erblasser im Ausland, verlängert sich die Frist auf sechs Monate.

Wichtig: Wer das Erbe ausschlägt, entledigt sich zwar der Erbverpflichtungen – allerdings fällt das Erbe dann automatisch dem nächsten Erbberechtigten zu. Das können z. B. die eigenen Kinder sein. Bei minderjährigen Kindern muss ein gesetzlicher Vertreter die Ausschlagung erklären.

Achtung: Eine Ausschlagung befreit nicht von der Pflicht, die Beerdigungskosten zu tragen – diese bleiben unter bestimmten Umständen weiterhin bestehen.